Es gibt wahre “Raubzüge” auf Kosten der Alten in den riesigen, milliardenschweren Investment-Heimen.
Mit Freigeist und Courage machen wir als Bürgerforum Kommunalpolitik in den Räten Osten, Hemmoor und der Samtgemeinde. Dieses wurde deutlich auf der letzten Ratssitzung, denn dort bezog das Bürgerforum eine Position gegen den Trend, die Altenpflegeheime (sogenannte Residenzen), durch milliardenschweren Investmentgesellschaften, als lukrative Investments mit bis zu 10% Rendite gewähren zu lassen. Der “Raubzug” in unsere Stadt und somit in den ländlichen Raum wollen wir stoppen. Unsere Bürgerforum Ratsfrau Sigrid Beyer aus Osten formuliert das in ihrem Leserbrief in der NEZ vom 10.9.20 klar und deutlich und spiegelt damit auch unsere Meinung wieder.
Laut den Berichten der NEZ geht es in der Stadt Hemmoor in einer Debatte um die Entscheidung, eine weitere Senioren-Residenz ziemlich am Ausgang von Hemmoor (gegenüber des NETTO-Marktes) zu errichten. Abgesehen davon, dass dort die einzige Möglichkeit für den täglichen Bedarf einzukaufen der Discounter ist, empfinde ich diese Lage für Senioren, die meist nicht mehr mobil sind, für ungeeignet. Es gibt dort auch keinen ÖPNV, um das Zentrum für Arztbesuche zu erreichen. Mehr als zweifelhaft halte ich allerdings eine Anlage, die darauf ausgerichtet ist, einen möglichst lohnenden Profit für die Investoren zu erreichen.
Blickt man auf die Homepage dieses potentiellen Investors, so erkennt man schnell, dass er nicht selbst die Anlage betreiben wird, sondern ein anderer Betreiber. Das bedeutet, dass dieser in seiner Kalkulation maximalen Gewinn erwirtschaften muss. Dort wird unter anderem eine Rendite von 10 % versprochen. Das bedeutet in der Realität, dass diese Gewinne von den Pflegekräften erarbeitet werden müssen und die Pflegebedürftigen entsprechend hohe Kosten zu tragen haben.
Niemand ist verborgen geblieben, dass im letzten Jahrzehnt der Aufenthalt in einem Pflegeheim immer höhere Kosten für die Bewohner und ihre Angehörigen verursacht. Wenn man dann noch weiß, dass ein nicht unerheblicher Teil der Pflegebedürftigen auf Sozialhilfe angewiesen sind, um die Kosten zu decken, bedeutet dies, dass der Steuerzahler letztlich für die Rendite von 10 % aufkommen muss.
Den Betrieb einer Senioren-Residenz als dauerhafte, lukrative Geldanlage zu betrachten, halte ich schlichtweg für unmenschlich und unmoralisch. Das Argument von freiem Markt und Wettbewerb hilft nur insofern, als das Ziel, so eine Einrichtung zu betreiben niemals eine Profitmaximierung sein kann. Ziel sollte sein, die letzten Monate und Jahre eines alten Menschen ihm so angenehm wie möglich zu gestalten und die Pflegekräfte fair zu entlohnen. Ein Ranking nach Gewinnzahlen hat in diesem sensiblen sozialen Bereich nichts zu suchen.
Angesichts dessen ist zu hoffen, dass die Politik der Stadt diesem Vorhaben einen Riegel vorschiebt. Zudem gibt es in der Kommune ausreichend Pflegedienste und Altenheime, die von privaten Betreibern gut geführt sind. Will man denen eine Konkurrenz vor die Nase setzen, die ihnen das Personal abwirbt?